© Jan Lemitz
Die Bildserie ist aufgenommen im Dazwischen - fotografierte Routen und Wege zwischen den Höfen, die mit der Ausschüttung des Erbes des Georg Wicke Anfang der 1830-er Jahre erbaut wurden. Die Höfe liegen in Ortschaften, die auf das Gebiet zwischen der Kreisstadt Homberg (Efze) und dem Bahnhof und der unmittelbar daran angrenzenden Zuckerfabrik in Wabern verteilt sind. Die fotografische Position greift auf die Beweglichkeit zwischen den Orten zurück, die so oft Teil des Prozesses der Abbildung landschaftlicher wie räumlicher Gegebenheiten ist. Im Falle der Höfe, war es die soziale Mobilität der damaligen Zeit, die Georg Wicke zunächst auf bereits etablierten Pfaden der Armuts- und Perspektivlosigkeit-bedingten Migration nach London führte. Die finanziellen Mittel, die nach seinem Tod testamentarisch bestimmt in nachhaltige Anlagen und Investitionen in seine früheren Heimat zurückflossen, umfassten Geldwerte, die den komplexen industriellen Prozesse der Raffinierung von Zucker entstammen. Teil einer bereits damals globalen Ökonomie, die untrennbar mit dem imperial-istisch-en Projekt der Ausbeutung von Menschen, Natur und Rohstoffen verknüpft ist. In den erinnernden Erzählungen der Erbinnen der Region wurde Zucker zu Gold; die Wechsel und Transfers des Geldes wurden zur Metapher. Die Geschichte der ‚heimischen‘ Zuckerindustrie ist untrennbar verwoben mit der Geschichte der Transformation ländlicher Strukturen in Industrie-städtische Strukturen. Vom wertvollen, importierten Rohstoff avancierte der Zucker zur wesentlichen Zutat einer sich entfremdenden, sich von den eigenen Quellen / Ursprüngen entfernenden Massenware, wurde Teil biopolitischer Grundbedarfsversorgung zwecks Reproduktion der Arbeitenden.
Weniger als die eigentlichen Höfe selber, ist die Blickrichtung der Kamera auf deren Einbettung in räumliche Gegebenheiten ausgerichtet. In die teils hügelige Landschaft, in Bodenbeschaffenheiten. Sie streift durch Dörfer, die größtenteils unverändert intakte Strukturen aufweisen, in denen teils wenig, teils gar nicht in den Bestand hinein verändert wurde.
Der Londoner Stadtteil Whitechapel, grenzt an den Finanzdistrikt der City und die Docklands; hier – an den Landungsbrücken des (Britischen) Empires ist das Vermögen Georg Wickes entstanden. E1 8HP, der Post Code Whitechapels, verweist auf Bestandteile der Landschaft, derer es bedarf, um das Hier entziffern zu können. Bestandteile, die auf andere Orte und Geographien verweisen, Teile von ihnen in sich tragen, den rücksichtslos beschleunigten Vormarsch der Alten in die Neuen Welt, das Wissen um den globalen Zusammenhang,
das koloniale Verbrechen der Verschleppung und der Extraktion, die Geschichte der eigenen Armut und die Gewissheit, dass die eigenen Biographien nur im Zusammenhang mit diesen Kontexten zu verstehen sind.
Jan Lemitz lebt als Fotograf, bildender Künstler und Kulturschaffender in Duisburg und Berlin. Er studierte Fotografie an der University of Brighton und Research Architecture am Goldsmiths College in London. In seiner Praxis ist er unter Hinzuziehung medienarchäologischer Funde mit städtischem Raum, Landschaften, Architektur und Infrastruktur befasst. Jan arbeitet im und zum Verflechtungsraum entlang der Rhein-Ruhr-Schiene; beispielsweise mit dem Forum Freies Theater in Düsseldorf und Beiträgen zum Rechercheprojekt „Stadt als Fabrik“, das sich mit innerstädtischen Transformationsprozessen sowie sozialräumlichen Strukturen in der Kernstadt und an den Peripherien auseinandergesetzt hat.
© Jan Lemitz
Die Bildserie ist aufgenommen im Dazwischen - fotografierte Routen und Wege zwischen den Höfen, die mit der Ausschüttung des Erbes des Georg Wicke Anfang der 1830-er Jahre erbaut wurden. Die Höfe liegen in Ortschaften, die auf das Gebiet zwischen der Kreisstadt Homberg (Efze) und dem Bahnhof und der unmittelbar daran angrenzenden Zuckerfabrik in Wabern verteilt sind. Die fotografische Position greift auf die Beweglichkeit zwischen den Orten zurück, die so oft Teil des Prozesses der Abbildung landschaftlicher wie räumlicher Gegebenheiten ist. Im Falle der Höfe, war es die soziale Mobilität der damaligen Zeit, die Georg Wicke zunächst auf bereits etablierten Pfaden der Armuts- und Perspektivlosigkeit-bedingten Migration nach London führte. Die finanziellen Mittel, die nach seinem Tod testamentarisch bestimmt in nachhaltige Anlagen und Investitionen in seine früheren Heimat zurückflossen, umfassten Geldwerte, die den komplexen industriellen Prozesse der Raffinierung von Zucker entstammen. Teil einer bereits damals globalen Ökonomie, die untrennbar mit dem imperial-istisch-en Projekt der Ausbeutung von Menschen, Natur und Rohstoffen verknüpft ist. In den erinnernden Erzählungen der Erbinnen der Region wurde Zucker zu Gold; die Wechsel und Transfers des Geldes wurden zur Metapher. Die Geschichte der ‚heimischen‘ Zuckerindustrie ist untrennbar verwoben mit der Geschichte der Transformation ländlicher Strukturen in Industrie-städtische Strukturen. Vom wertvollen, importierten Rohstoff avancierte der Zucker zur wesentlichen Zutat einer sich entfremdenden, sich von den eigenen Quellen / Ursprüngen entfernenden Massenware, wurde Teil biopolitischer Grundbedarfsversorgung zwecks Reproduktion der Arbeitenden.
Weniger als die eigentlichen Höfe selber, ist die Blickrichtung der Kamera auf deren Einbettung in räumliche Gegebenheiten ausgerichtet. In die teils hügelige Landschaft, in Bodenbeschaffenheiten. Sie streift durch Dörfer, die größtenteils unverändert intakte Strukturen aufweisen, in denen teils wenig, teils gar nicht in den Bestand hinein verändert wurde.
Der Londoner Stadtteil Whitechapel, grenzt an den Finanzdistrikt der City und die Docklands; hier – an den Landungsbrücken des (Britischen) Empires ist das Vermögen Georg Wickes entstanden. E1 8HP, der Post Code Whitechapels, verweist auf Bestandteile der Landschaft, derer es bedarf, um das Hier entziffern zu können. Bestandteile, die auf andere Orte und Geographien verweisen, Teile von ihnen in sich tragen, den rücksichtslos beschleunigten Vormarsch der Alten in die Neuen Welt, das Wissen um den globalen Zusammenhang,
das koloniale Verbrechen der Verschleppung und der Extraktion, die Geschichte der eigenen Armut und die Gewissheit, dass die eigenen Biographien nur im Zusammenhang mit diesen Kontexten zu verstehen sind.
Jan Lemitz lebt als Fotograf, bildender Künstler und Kulturschaffender in Duisburg und Berlin. Er studierte Fotografie an der University of Brighton und Research Architecture am Goldsmiths College in London. In seiner Praxis ist er unter Hinzuziehung medienarchäologischer Funde mit städtischem Raum, Landschaften, Architektur und Infrastruktur befasst. Jan arbeitet im und zum Verflechtungsraum entlang der Rhein-Ruhr-Schiene; beispielsweise mit dem Forum Freies Theater in Düsseldorf und Beiträgen zum Rechercheprojekt „Stadt als Fabrik“, das sich mit innerstädtischen Transformationsprozessen sowie sozialräumlichen Strukturen in der Kernstadt und an den Peripherien auseinandergesetzt hat.